Creating
Impact

Ein grundlegendes Konzept in der Philosophie besagt: Jede Wirkung hat eine Ursache. Dass nichts ohne Grund geschieht, dafür steht auch die SHAPE30-Strategie von ElringKlinger. Denn sie ist die Antwort des Unternehmens auf die Herausforderungen der Transformation und auf die veränderten Anforderungen an die Mobilität. Was genau steckt hinter den fünf Erfolgsfaktoren? Wie sind sie in den Konzern eingebettet? Und: Wo will ElringKlinger damit in Zukunft hin?

Herr Jessulat, Mobilität bedeutet Bewegung. Wie bewegen Sie sich fort?

Manchmal zu Fuß, manchmal mit der Bahn und manchmal auch mit dem Flugzeug. Wenn Sie damit aber mein Auto meinen, dann vollelektrisch mit einem Modell, in dem unser Zellkontaktiersystem enthalten ist. Die Antriebstechnologie überzeugt. Durch das moderne 800V-System sind die Ladezeiten sehr kurz.

Derzeit wird heiß diskutiert, das Verbrennungs­motorverbot zu verschieben. Die klassischen Antriebstechnologien scheinen wieder auf dem Vormarsch zu sein. Spielt der CO2-neutrale Antrieb bald keine Rolle mehr?

Das muss man differenzierter sehen. In der Diskussion steht nur das Tempo der Transformation. Eine Verschiebung bedeutet keine 180-Grad-Wende, sie würde der Automobilindustrie mehr Zeit einräumen. Der Trend zur Elektromobilität ist aber grundsätzlich intakt.

Wie stellt sich ElringKlinger der Transformation?

ElringKlinger hat schon frühzeitig begonnen, sich auf neue Antriebstechnologien vorzubereiten. Seit über 20 Jahren beschäftigen wir uns mit der Brennstoffzellentechnologie, seit über 10 Jahren sind wir Serienlieferant für Zellkontaktiersysteme. Produkte aus unseren Bereichen Lightweighting/Elastomer Technology, Metal Sealing Systems & Drivetrain Components und Metal Forming & Assembly Technology sind schon länger in vollelektrischen Fahrzeugen zu finden. Damit haben wir ein breites Produktportfolio für die Elektromobilität. Sollte sich das Tempo verlangsamen, nutzen wir weiter unsere starke Marktposition in den klassischen Bereichen.

Was sind denn Ihre nächsten Schritte in der Elektromobilität? Wie bereiten Sie ElringKlinger auf die Zukunft vor?

Wir haben in den letzten Jahren ein festes Fundament für die Transformation des Konzerns gelegt. Am E-Mobility-Standort in Neuffen laufen zwei große Aufträge über Zellkontaktiersysteme an. In South Carolina errichten wir gerade unseren Battery Hub für die Region Americas. Auch in Asien startet demnächst die Produktion von Zellkontaktiersystemen. Gleichzeitig globalisiert sich die EKPO mit ihrer Brennstoffzellentechnologie. Doch diese Schritte reichen noch nicht aus, um auch im Jahr 2030 wettbewerbsfähig zu sein.

Das heißt, die Transformation bei ElringKlinger geht tiefer?

Ja, wir müssen den Konzern in seinem Profil schärfen und für die Zukunft zielgerichtet aufstellen.

„Zielgerichtet“ bedeutet...?

...dass wir uns ganzheitlich mit der Struktur und dem Portfolio des Konzerns befassen und unser Ziel fest im Blick haben. Wir müssen die Profitabilität im Konzern steigern, um auch 2030 jederzeit flexibel handeln zu können. Die Automobilbranche wird sich bis dahin weiter stark verändern. Das sieht man jetzt schon mit neuen Anbietern im Markt und den unterschiedlichen Entwicklungen in den großen Automobilregionen.

Thomas Jessulat

» Wir verfolgen mit unserer Konzernstrategie SHAPE30 einen klaren Weg durch die tiefe Transformation der Branche. «

Thomas Jessulat, CEO ElringKlinger

Wie werden Sie denn den Konzern in seinem Profil schärfen?

Den Rahmen dafür bietet unsere Konzernstrategie SHAPE30. Mit ihr verfolgen wir einen klaren Weg durch die tiefe Transformation der Branche. Wir analysieren die Märkte und überprüfen mit den Ergebnissen unsere Produktgruppen auf Zukunftsfähigkeit. Daraus leiten wir Entscheidungen für unsere Standortstrategie ab.

Die Veräußerung der beiden Werke in Sevelen und Buford ist ein Beispiel für einen solchen Entscheidungsprozess. Gleiches gilt für die Entscheidung, das Systemgeschäft bei den elektrischen Antriebseinheiten nicht weiterzuverfolgen. Auch die Stilllegung der Werke in Thale und Fremont reiht sich hier ein. Außerdem haben wir die Business Unit Metal Forming & Assembly Technology strategisch neu ausgerichtet.

Mit Blick auf diese Maßnahmen ist festzuhalten, dass wir uns auf die profitablen Produktgruppen und Geschäftsbereiche konzentrieren. Verlustträchtige Aktivitäten geben wir auf. Denn im Fokus steht unser Ziel, die Verbesserung unserer Finanzkennzahlen.

Produkt­transformation

Der Wandel ist bereits in vollem Gange. Wir haben uns frühzeitig mit den Megatrends befasst. Bei unseren Lösungen steht der Mehrwert für den Kunden im Fokus. Mit unserem ganzheitlichen strategischen Ansatz analysieren wir die Märkte, prüfen unsere Produktgruppen auf Zukunftsfähigkeit und leiten daraus Schlussfolgerungen für unsere Struktur und unsere Standortstrategie ab.

Heißt das auch, dass Sie noch weitere Schritte unternehmen?

Die Transformation unserer Branche erfordert, dass wir uns jederzeit anpassen können, wenn es geboten ist. In diesem Prozess des tiefen Wandels müssen wir konsequent unseren Weg gehen. Wir analysieren und überprüfen stetig und werden, wenn notwendig, weitere Maßnahmen vornehmen. Alles mit dem Maßstab der Zukunftsfähigkeit und der Profitabilität.

Wie sieht denn Ihr Zielbild 2030 für ElringKlinger aus?

ElringKlinger wird im Jahr 2030 ein fokussierter Technologiekonzern mit Schlüsselprodukten für die Mobilität sein, die auf unseren Kompetenzen aufbauen und den Bedarf unserer Kunden im Blick haben. 2030 werden wir aufgrund des Hochlaufs unserer großen Serienprojekte mehr als 50 % unseres Umsatzes mit Produkten jenseits des Verbrennungsmotors erzielen. Für diese Transformation wird unsere starke Marktposition in den klassischen Produkten das Rückgrat sein. Die Finanzkennzahlen werden sich gegenüber heute verbessert haben, der Konzern kann flexibel auf die Anforderungen der Zeit reagieren. ElringKlinger ist nachhaltiger und digitaler aufgestellt. Und unsere Unternehmenskultur bietet den Rahmen dafür, dass alle gerne für ElringKlinger arbeiten und im Konzern ihre Bestleistungen erbringen können.

Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit ist Teil der DNA von ElringKlinger. Denn die Produkte tragen dazu bei, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Die soziale Dimension ist auf Firmengründer Paul Lechler zurückzuführen, der schon im 19. Jahrhundert einen Teil seines Gewinns für wohltätige Zwecke verwendete. Zudem ist transparente Unternehmensführung für uns ein Grundsatz. Mit einer nachhaltigen Aufstellung und einem nachhaltigen Handeln sichert ElringKlinger seine Wettbewerbsfähigkeit ab.

Sie sprechen von einer nachhaltigen Aufstellung. Was verstehen Sie darunter?

Nun, wir haben in den letzten Jahren die vielfältigen nachhaltigen Aktivitäten des Konzerns unter einem Dach gebündelt und eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt. Unser Leitsatz führt uns dazu, dass wir durch eine nachhaltige Aufstellung unsere Wettbewerbsfähigkeit sichern. Das fängt bei den Produkten an, die nicht nur zur nachhaltigen Mobilität beitragen sollen, sondern schon möglichst nachhaltig hergestellt werden. Die Rohstoffe und die Lieferanten spielen hierbei eine wichtige Rolle, auch um den Product Carbon Footprint, also letztlich die CO2-Emission unserer Produkte, möglichst zuverlässig ermitteln und verbessern zu können. Das brauchen wir für uns. Das brauchen wir aber auch für unsere Kunden, damit diese ihre Dekarbonisierung vorantreiben können.

Neben den Umweltkennzahlen sind in der Wertschöpfungskette auch soziale Aspekte wichtig wie die Achtung der Menschenrechte, faire Arbeitslöhne und keine Kinderarbeit. Das sind viele Punkte, die für uns in Europa eigentlich selbstverständlich klingen, es aber nicht immer sind.

Das stimmt. Nachhaltigkeit beinhaltet ja nicht nur Umweltthemen, sondern auch Soziales und eine transparente Unternehmensführung.

Richtig. Gerade im Bereich Soziales ist ElringKlinger sehr aktiv. In Mexiko gibt es beispielsweise ein Freiwilligenteam und regelmäßige Spendenaktionen für sozial Benachteiligte. In China, Indien und Südkorea engagieren sich Beschäftigte für Gehörlose. Am Konzernsitz in Dettingen haben sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aktion Sternenwunsch beteiligt, um Kindern aus Familien mit wenig finanziellem Spielraum Weihnachtswünsche zu erfüllen. Das ist alles sehr vielfältig und entspricht der Haltung unseres Firmengründers Paul Lechler. Er hatte mit seinem Vater im 19. Jahrhundert die Vereinbarung getroffen, einen Teil seines Gewinn für wohltätige Zwecke zu verwenden. Diese Vereinbarung lebt durch die Lechler Stiftung bis heute, die Teile des Gewinns von ElringKlinger für soziale Zwecke einsetzt. Man sieht, Nachhaltigkeit ist ein Teil der DNA von ElringKlinger.

ElringKlinger tritt mit dem Anlauf von Großserienaufträgen in einen strategischen Wachstumszyklus
ein und strebt an, im Jahr 2030 mehr als 50% des Umsatzes mit Produkten jenseits des Verbrennungsmotors zu erzielen.

Das ist durchaus beeindruckend. Neben dem Erfolgsfaktor Nachhaltigkeit erwähnten Sie auch den Erfolgsfaktor Digitale Transformation. Was ist hier der Ansatz?

Die Digitale Transformation ist ein zentraler Faktor, um uns zukunftsfähig aufzustellen und gleichzeitig unsere Vision zu erfüllen, der bevorzugte Partner zu sein. Denn unsere Kunden wollen die Produkte rückverfolgen, um ihre Wertschöpfungskette jederzeit zu kennen. Diese „Traceability“ erfordert eine umfassende Digitalisierung in der Produktion, der „digitale Zwilling“ unserer Produkte ist ebenso ein Ziel wie die „digitale Fabrik“ an sich. Und nicht nur in der Produktion spielt die digitale Welt eine Rolle. Wir müssen auch unsere Prozesse in ihrer Gesamtheit so aufstellen, dass sie effektiv und zeiteffizient sind. Denn dann schaffen wir uns mehr Freiräume für andere Aufgaben wie zum Beispiel die Verwirklichung von innovativen Produktideen.

Performance &
Prozess-­Exzellenz

ElringKlinger gestaltet seine Prozesse stabil, zuverlässig und transparent. Dabei denkt man in End-to-end-Prozessen ganzheitlich und über Bereichsgrenzen hinweg. Um die Prozesse nach Fortschritt, Reifegrad und Erfolg zu beurteilen, wurde ein Kennzahlensystem etabliert. Optimierte Prozesse lassen bestmögliche Leistungen erzielen und bieten unseren Kunden durch erhöhte Produktivität einen signifikanten Mehrwert.

Das hört sich nach einer tiefgreifenden Umgestaltung an. Wie spielen Digitalisierung und Prozesse dabei zusammen?

Prozesse sind zentral. Wir sind in den vergangenen zwanzig Jahren stark gewachsen, der Umsatz hat sich seit 2005 mehr als verdreifacht. Gleichzeitig haben wir uns globaler mit einem breiteren Produktportfolio aufgestellt. Zudem haben die technischen Möglichkeiten in den letzten beiden Jahrzehnten enorm zugenommen. Man vergisst das schnell, aber Smartphones beispielsweise haben sich erst ab 2007 richtig durchgesetzt. Die Welt hat sich seitdem extrem schnell weitergedreht. Überlegen wir nur mal, was wir heute alles mit dem Smartphone machen.

Wenn man diese drei Faktoren – Wachstum, Portfoliobreite und technische Möglichkeiten – zusammennimmt, dann sieht man, dass der Konzern heute anders als früher arbeiten muss, sonst wäre er nicht erfolgreich. Diesen Ansatz müssen wir weiterentwickeln, damit wir auch im Jahr 2030 state-of-the-art arbeiten. Für uns und vor allem für die Kunden.

Digitale Transformation

Durch Digitalisierung lassen sich effektive, zeit- und ressourceneffiziente Prozesse etablieren. ElringKlinger baut über digitale Plattformen eine Systemlandschaft auf, um durch echtzeit- und nutzerorientierte Informationen Prozesse noch besser zu steuern und auf Marktveränderungen noch schneller zu reagieren. Die Effizienzgewinne schaffen Freiraum für weitere wertschaffende Aktivitäten der Mitarbeitenden.

Wie sieht das dann aus?

Ganz abstrakt gesagt müssen wir in Prozessen beschreiben, was wir machen und wer in seiner Funktion dafür verantwortlich ist. Abläufe dürfen nicht personenabhängig sein. Diese Prozesse müssen wir stabil, robust und zuverlässig gestalten. Um zu wissen, wie stabil sie sind, haben wir Kennzahlen entwickelt und steuern danach. Da sind wir schon recht weit. Das ist alles Teil unserer Initiative „Process Excellence @ ElringKlinger“, kurz PEEK. Hier haben wir auch vier sogenannte End-to-end-Prozesse etabliert, die wir immer bereichsübergreifend beherrschen müssen, um erfolgreich zu entwickeln und zu produzieren. Das alles zahlt auf unser Operating System EKOS ein, das wir stetig weiterentwickeln. Als eines der Kernelemente von EKOS steht die Zufriedenheit der Stakeholder im Fokus – Kundenzufriedenheit, aber auch Mitarbeiter- und Aktionärszufriedenheit. Das trifft den Kern von SHAPE30: bevorzugter Partner zu sein, eine moderne Unternehmenskultur zu leben und die Profitabilität zu erhöhen, um jederzeit flexibel handeln zu können.

Unternehmens­kultur

Eine moderne, veränderungsbereite und gleichzeitig auch ziel- und werteorientierte Unternehmenskultur bildet die Basis für die weitere Transformation von ElringKlinger. Die Grundlage dafür schafft das Wertesystem mit Vertrauen & Zuverlässigkeit, Leidenschaft & Teamgeist, Integrität, Nachhaltigkeit, Innovation und Fokus auf das Wesentliche. Wichtige Eckpfeiler für den Erfolg sind unternehmerisches Denken, individuelle Leistungsbereitschaft sowie eine konstruktive Feedback- und Fehlerkultur.

Wenn Sie eine moderne Unternehmenskultur ansprechen, was meinen Sie damit?

Zunächst einmal braucht man eine Orientierung. Dazu müssen alle im Konzern den Zweck kennen, das ist die Frage nach dem Warum: Warum gibt es das Unternehmen? Dann muss der Konzern Antworten auf das Was und das Wie haben: Welche Vision will ich wie erreichen? Eng damit verbunden ist ein Wertegerüst, das der Konzern in jeder seiner Fasern leben muss. Damit haben wir uns intensiv beschäftigt.

Können Sie uns dazu Details nennen?

Unser Unternehmenszweck „Pioneering Innovative Technologies for a Sustainable Future“ gibt genau das wieder, was ich mit unserer Technologieorientierung und unserer nachhaltigen Ausrichtung beschrieben habe. Unsere Vision „The Preferred Partner in Driving Innovative Technologies“ formuliert den Anspruch der Kundenorientierung, aber nicht nur. Wir wollen der bevorzugte Partner nach innen und außen sein. Das beinhaltet auch, ein attraktiver und guter Arbeitgeber zu sein, wo Menschen gerne zusammenkommen. All das setzen wir mit unseren Erfolgsfaktoren um, indem wir den Konzern nach den dort festgelegten Maßstäben formen und prägen. Die moderne Unternehmenskultur bezieht sich dabei auf das Arbeitsumfeld, auf die Mitarbeiterführung, auf die tägliche Motivation, auf den inneren Zusammenhalt, auf eine ehrliche Kommunikation, auf eine wertschätzende Fehlerkultur, auf eine transparente Entscheidungsfindung oder auch auf vielfältige Weiterbildungsmöglichkeiten.

Man erkennt, dass der Fahrplan für ElringKlinger steht. Als letzte Frage: Was erwarten Sie vom Jahr 2025?

2025 wird kein einfaches Jahr. Die Rahmenbedingungen sind äußerst herausfordernd – wirtschaftlich wie politisch, in allen Regionen der Welt. Gleichzeitig befindet sich unsere Branche im Wandel, so dass wir uns insgesamt auf vielfältige Veränderungen einstellen müssen. Deshalb werden wir unsere Konzernstrategie SHAPE30 auch 2025 konsequent weiter umsetzen.

» Wir müssen den Konzern in seinem Profil schärfen und für die Zukunft zielgerichtet aufstellen. «

Thomas Jessulat, CEO ElringKlinger